Mustergültig expandiert. Das Quartier im Visier. 10 Jahre BEOS in München.
Am Ende war es das rhythmische Regenprasseln, das dem Event die besondere akustische Note gab. Dabei war die Idee, das Jubiläum in einer Rooftop-Bar zu feiern und bei einem Drink auf der Dachterrasse zu plaudern, richtig gut. Doch Wetter-Blues hin oder her – der durchweg guten Stimmung konnte er nichts anhaben. Immerhin hatte man gemeinsam viel erreicht. Einer der größten Coups war die Übernahme des »Air Tech Campus« in Oberpfaffenhofen inklusive jenes Flughafens, wo Ende der 1960er-Jahre der erste Senkrechtstarter abhob. Mittlerweile wächst und gedeiht im »ATC« ein Technologie-Hub für Luft- und Raumfahrttechnik. Das Projekt hat auch Niederlassungsleiterin Annemone Gull und ihrem Team schon den einen oder anderen Höhenflug beschert – etwa mit der Auszeichnung beim immobilienmanager-Award 2024 in der Kategorie »Management«.
Interview mit Annemone Gull
War die Niederlassung in München eigentlich ein Senkrechtstart?
Es war eher ein klassischer Take-off mit Positionierung, Rollphase, Abheben und Steigflug. Die Grundlage dafür hatte der heutige Vorstandssprecher Hendrik Staiger geschaffen, indem er schon von Berlin aus die ersten Projekte in München erworben hatte. Eine stabile Reiseflughöhe wurde dank weiterer Projekte in Bayern erreicht, etwa mit dem »Druckwerk« in Oberschleißheim. Nach dem Erwerb im Jahr 2016 haben wir das ehemalige Produktionsgelände einer Münchner Verlagsgesellschaft in einen modernen Multi-Tenant-Gewerbepark mit insgesamt fünf Baukörpern umgewandelt. Dass diese Transformationsimmobilie inzwischen voll vermietet ist, ist neben der Qualität der Liegenschaft vor allem dem Münchner Team zu verdanken, das mit aktuell 28 Mitarbeitern zu den größten BEOS-Standorten zählt. Sein Spirit war und ist Idealbedingung, um in Bayern zu expandieren.
Aber es gibt ja nicht bei jeder Immobilie Idealvoraussetzungen – was macht ihr dann?
Wir prüfen auf Herz und Nieren, ob die vorhandenen Immobilien Transformationspotenzial haben. Das ist ein gemeinschaftlicher Prozess, der vom Ideen- und Meinungsaustausch lebt, ja auch mal ein Ringen um die beste Lösung sein kann. Aber wenn sie mal steht, sind wir uns einig. So gelingt es uns, vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen. Ein Beispiel: der Gewerbepark »NOVA Neufahrn«. Dort hatten wir es mit dem ehemaligen Firmensitz der Kosmetikmarke AVON zu tun. Prominent am Ortseingang von Neufahrn und in der Nähe des Münchner Flughafens gelegen, hatte dieses historische Areal definitiv viel Potenzial. Also haben wir miteinander, aber auch mit Architekten und Technikern diskutiert, verschiedene Konzepte abgewogen und schließlich einen modernen Gewerbepark mit einer Mischung aus Bestand und Neubau entwickelt. Jedes Gebäude hat seinen eigenen Stil, aber insgesamt ist das Areal mit seinem industriellen Charme und den unterschiedlichen Nutzern aus einem breiten Branchenspektrum sehr stimmig.
Aber in Garching war das anders – warum wurde da alles rückgebaut?
Stimmt, da erinnert nur der Name »GIESSEREI« an die ursprüngliche Bestimmung des Geländes. Der Rückbau der Aluminiumgießerei war im Interesse einer gründlichen Schadstoffsanierung unumgänglich. Das gab uns wiederum die Chance, das Areal neu zu denken, unseren Ideen freien Raum zu lassen. Dabei haben wir einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck angestrebt. Herausgekommen ist ein nachhaltiger Arbeits- und Lebensraum, in dem viel Holz als nachwachsender Rohstoff zur Anwendung kam. Dass wir für das durch und durch nachhaltige Konzept ein DGNB-Gold-Zertifikat erhalten haben, war eine schöne Bestätigung, dass unsere gemeinschaftlich erarbeitete Projektvision anerkannt wird. Wie sie auf den Flächen Gestalt annimmt, können wir jetzt, nachdem die ersten Mieter eingezogen sind, live erleben. Mit ihrer Architektur sowie ihrem außergewöhnlichen Standortpotenzial bietet die »GIESSEREI« eine ideale Basis, um ein nachbarschaftliches Miteinander und im besten Fall auch interdisziplinäre Synergien entstehen zu lassen.
»Dass wir für das durch und durch nachhaltige Konzept ein DGNB-Gold-Zertifikat erhalten haben, war eine schöne Bestätigung, dass unsere gemeinschaftlich erarbeitete Projektvision anerkannt wird.«
Wie habt ihr es geschafft, den »ATC« so richtig zum Fliegen zu bringen?
Zunächst haben wir mit der TRIWO AG einen wertvollen Partner für das gemeinsame Joint Venture gefunden. Das Unternehmen betreibt nicht nur bundesweit mehrere Flugplätze und Flughäfen, sondern verfügt auch über Erfahrung in der Ansiedlung von Unternehmen und deren Entwicklung vor Ort. Mit einem solchen Co-Piloten hatten wir beste Voraussetzungen, um den »Air Tech Campus« auf ein neues Level zu heben. Eine große Herausforderung, immerhin reden wir von mehr als 2,7 Millionen Quadratmeter Fläche: Genug Raum für fast drei gleichzeitig stattfindende Oktoberfeste! Außerdem galt es, ein cleveres Konzept für den Bestand – 57 Gebäude aus den Jahren 1936 bis 2023 mit einer Gesamtmietfläche von derzeit rund 230.000 Quadratmetern – zu entwickeln. Nicht zu vergessen das Neubaupotenzial auf dem Flughafenareal und auf den Freiflächen des Gewerbegebiets Gilching-Oberpfaffenhofen, das es zu erschließen gilt. Wenn man ein solches Projekt angeht, weiß man, dass man einen langen Flug ohne Autopilot vor sich hat. Aber die Idee, dort eine Gemeinschaft von flugaffinen, hochtechnologischen und forschenden Pionieren entstehen zu lassen, hat uns beflügelt – zumal sich Bayern seit Jahren erfolgreich als Hotspot für Luft- und Raumfahrt positioniert. Wo, wenn nicht dort, sollen Ideen fliegen lernen?
»Wir haben einen Flughafen aus dem Dornröschenschlaf erweckt – also werden wir auch das passende Fleckchen finden, wo ›unser‹ urbanes Quartier entstehen wird.«
Klingt, als fehlt jetzt nur noch ein urbanes Quartier wie die »BERLIN DECKS« – nur eben mitten in München?
Richtig, genau das steht ganz oben auf unserer Wunschliste. Dass wir über die erforderlichen Kompetenzen – sei es in der Projektentwicklung oder in der Revitalisierung – verfügen, haben wir mit vielen Projekte nachgewiesen. Ein innerstädtisches Quartier wie den »Zeughof« in Berlin-Kreuzberg zu entwickeln, das wäre für uns definitiv reizvoll. Urbanität entsteht dort nicht zuletzt dank der lebendigen Kiezkultur im Szenebezirk. Auch die »BERLIN DECKS« sind im selben Atemzug zu nennen, wenn wir an ein Gewerbequartier denken, das die Arbeitswelt von heute in ein urbanes Umfeld integriert. Ein solches Filetstück an Liegenschaft mitten in München zu finden, ist kein leichtes Unterfangen. Die Fühler sind ausgestreckt, aber die für den Münchner Immobilienmarkt typische Flächenknappheit macht die Suche nicht gerade leicht – vor allem in zentralen Lagen. Unseren Traum verfolgen wir dennoch weiter. Wir haben einen Flughafen aus dem Dornröschenschlaf erweckt – also werden wir auch das passende Fleckchen finden, wo »unser« urbanes Quartier entstehen wird.